Neue PCR-Teststrategie und die Folgen – was Sie jetzt wissen sollten

Neue PCR-Teststrategie und die Folgen – was Sie jetzt wissen sollten

Wer hat derzeit Anrecht auf einen kostenlosen PCR-Test?

Nach der aktuell geltenden Testverordnung des Gesundheitsministeriums haben unter anderem Kontaktpersonen von Infizierten und Menschen mit einem positiven Schnelltest Anspruch auf einen PCR-Test. Zudem werden vielerorts auch Personen mit roter Corona-Warn-App getestet – einen Anspruch darauf gibt es allerdings nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums nicht.

Warum soll es nun eine Priorisierung geben?

Wegen der hohen Infektionszahlen sind die Labore stark ausgelastet und die Testkapazitäten begrenzt. Nach Angaben der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) lag die Auslastung in der vergangenen Woche bei 95 Prozent. Bund und Länder haben sich deshalb darauf geeinigt, eine neue Teststrategie zu erarbeiten.

Was ist über die neue Teststrategie bekannt?

Die begrenzten Ressourcen sollen künftig auf Risikogruppen „konzentriert“ werden, wie es im Beschluss der Ministerpräsidenten-Konferenz

heißt. Im Fokus stehen Risikogruppen und Personal, das vulnerable Gruppen betreut – also Angestellte in Krankenhäusern, Praxen, Pflegeheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.

 

 

Noch unklar sind die Details. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) brachte am Wochenende unter anderem ins Spiel, dass außerhalb dieser Gruppen ein positiver Schnelltest nicht mehr mit einem PCR-Test bestätigt werden soll – sondern mit einem Antigen-Schnelltest in einer Teststation.

Der Bund Deutscher Laborärzte (BDL) hält das nicht für den entscheidenden Punkt: „Aus meiner Sicht geht es nicht darum, dass bestimmte Gruppen gar keinen PCR-Test mehr kriegen sollen, sondern darum, wer wie schnell sein Ergebnis bekommt“, sagte der Vorsitzende Andreas Bobrowski WELT. „Wir finden, dass es zumutbar ist, einen symptomatischen Patienten mit einem positiven Antigen-Schnelltest in die Isolation zu schicken, wo er dann vielleicht drei Tage auf den PCR-Test warten muss.“ Nach dem medizinischen Personal sollen aus Sicht der Laborärzte Erzieher und Lehrer Priorität haben.

Ob und welche Vorschläge berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten. Die Entwicklung der neuen Testverordnung gilt als komplex, ein Beschluss könnte kommende Woche vorliegen.

Quelle: Infografik WELT

Quelle: Infografik WELT

Wie soll man ohne PCR-Test nachweisen, dass man genesen ist?

Dies ist eine zentrale Frage, die beantwortet werden muss. Aller Voraussicht nach werden Schnelltests künftig auch für den Nachweis des Genesenenstatus genutzt werden können. Das Gesundheitsministerium antwortete auf Anfrage, dies sei noch Gegenstand der Beratungen.

Werden kostenpflichtige PCR-Tests weiter verfügbar sein?

Nach Angaben von Betreibern, die Selbstzahler-Tests anbieten, wird das weiter der Fall sein. „Wir haben sehr große unausgeschöpfte Kapazitäten, weil wir mit vielen verschiedenen privaten Laboren zusammenarbeiten“, sagte Leon Roewer von WeCare Services. Das Unternehmen betreibt deutschlandweit 70 Teststellen.

Eine Priorisierung mache deswegen auch keinen Unterschied für ihn: „Dann analysieren wir eben erst die Tests von älteren Menschen und Personal in Krankenhäusern – und zehn Minuten später dann eben den der jungen Person, die den Test macht, um ihre Oma zu besuchen. Das Ergebnis ist dann trotzdem rechtzeitig da.“

Allerdings ist das eine Frage des Gelds. Je nach Schnelligkeit kann ein Test zwischen 50 und 300 Euro kosten. Der Verband ALM meldet zudem Zweifel an der Darstellung an. „Am Ende geht es um die gleichen Labore“, sagte ein Sprecher.

Was kann gegen den Engpass getan werden?

Generell verweisen die Labore darauf, dass man die Kapazitäten aufgrund von fehlendem Personal und Lieferzeiten bei Maschinen nicht mal eben so hochfahren kann. Unter anderem sind Poolverfahren im Gespräch, bei denen mehrere Proben gemeinsam ausgewertet werden. Separat wird nur untersucht, wenn die Gesamtprobe positiv ist.

Eingesetzt wird das Verfahren mancherorts bereits in Schulen. Der Verband ALM verweist allerdings darauf, dass derzeit jeder dritte PCR-Test positiv ist – eine Entlastung wäre also keinesfalls sicher. Ähnlich sieht es bei Gurgeltests aus. Diese kommen in Österreich zum Einsatz. Der dortige Anbieter sagte am Dienstag dem „Spiegel“, man plane eine Expansion nach Deutschland. Weil die Tests zu Hause durchgeführt werden, ist die Logistik stark vereinfacht. Allerdings müssen auch diese Proben im Labor untersucht werden.

Lohnen könnte es sich, Veterinär- und Industrie-Labore in den Fokus zu nehmen. Denn auch sie dürfen PCR-Tests auswerten. Über Engpässe klagen derzeit aber vor allem die humanmedizinischen Labore. Bobrowski vom Verband der Laborärzte sagt: „Es ist möglich, dass es dort noch Kapazitäten gibt. Aus unserer Sicht müssen in diesen Laboren aber identische Bedingungen in Bezug auf die Qualität vorliegen.“ Der größtmögliche Schutz des Patienten vor Fehldiagnostik müsse gesichert sein.

Ein weiterer Ausweg sind sogenannte PoC-NAT-Tests. Technisch basieren sie auf dem gleichen Verfahren wie PCR-Tests, müssen allerdings nicht aufwendig im Labor ausgewertet werden. Dafür sind sie vergleichsweise teuer. Schon jetzt kommen sie beispielsweise am Flughafen als Express-Test zum Einsatz.

Was bedeutet die PCR-Priorisierung für die Inzidenz – werden dann auch Schnelltests gezählt?

Sollten tatsächlich weniger Menschen Zugang zu PCR-Tests bekommen, hätte das auch einen Einfluss auf die Inzidenz. Naheliegend ist allerdings, dass künftig auch positive Schnelltestergebnisse in die Sieben-Tage-Inzidenz mit einfließen. Damit alte und neue Inzidenzen vergleichbar bleiben, ist zudem die Nutzung eines Korrekturfaktors im Gespräch.

Schon jetzt werden positive Schnelltests an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldet – allerdings fließen die Zahlen bisher nicht in die Inzidenz ein. Das RKI weist zudem darauf hin, dass die Beurteilung der Corona-Lage nicht nur auf der Erfassung der Fallzahlen basiere. Herangezogen werden demnach unter anderem auch Daten zur Auslastung der Intensivstationen. „Ob und in welcher Form Antigenteste künftig in die Statistiken einfließen werden, wird gegenwärtig geprüft“, heißt es von dem Institut.

Was bedeutet eine Priorisierung für die Quarantäne-Regelung?

Gar nichts. Beschlossen haben Bund und Länder nämlich am Montag auch eine erneute Änderung der Quarantäne-Regeln. Sämtliche Infizierte und Kontaktpersonen können sich nach sieben Tagen mit einem Schnelltest freitesten. Zuletzt galt dies noch nicht für infizierte Beschäftigte in Krankenhäusern. Auch für sie reicht nun ein Schnelltest, insofern sie 48 Stunden symptomlos waren.

Woran erkennt man einen zuverlässigen Schnelltest?

Antigen-Schnelltests gelten als weniger zuverlässig. Unter anderem, weil es bei Durchführung und Probenentnahme zu Fehlern kommen kann. Aber auch die Virusvariante Omikron sorgte zuletzt für Verunsicherung.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat im Dezember 245 in Deutschland angebotene Antigentests untersucht und ihre Sensitivität verglichen. Demnach können die allermeisten der in Deutschland angebotenen und positiv bewerteten Antigentests eine Omikron-Infektion nachweisen. „80 Prozent der untersuchten Tests haben die in der Vergleichsuntersuchung geforderte Empfindlichkeit“, heißt es.

Zudem arbeitet das PEI aktuell an einer Positivliste, die aufzählt, welche Schnelltests die Omikron-Variante besonders gut erkennen. Noch liegen die Ergebnisse der Untersuchung nicht vor.

welt

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alexandra

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