Kaffee ist gut für Herz, Hirn und Psyche – aber nicht für jeden

Kaffee ist gut für Herz, Hirn und Psyche – aber nicht für jeden

 

 

 

 

Ist Kaffee riskant fürs Herz, aber gut für die grauen Zellen? Genau weiß das die Wissenschaft auch nach vielen Jahrzehnten einschlägiger Forschung nicht. Immer häufiger geben Studien dem Lieblingsgetränk der Deutschen aber gute Noten und loben seine positiven Effekte.

162 Liter Kaffee trinkt jeder Deutsche pro Jahr im Durchschnitt. Es ist das absolute Lieblingsgetränk hierzulande, am besten traditionell aufgebrüht als Filterkaffee. Ganz ohne schlechtes Gewissen geht der Kaffeegenuss bei vielen aber nicht. Zu tief sitzt die Überzeugung, dass die gerösteten, gemahlenen und aufgebrühten Bohnen eine Strapaze für das Herz und ein Risikofaktor für Infarkt und Schlaganfall sind.

Die neueren Studienergebnisse zur gesundheitlichen Wirkung von Kaffee bestätigen die alten Ängste jedoch nicht, im Gegenteil: Kaffee hat zahlreiche positive Effekte – auf das Gehirn, den Stoffwechsel und sogar auf Herz und Kreislauf.

 

 

Es gibt allerdings Einschränkungen. Denn nicht jeder Mensch verträgt das schwarze Gebräu und seine Wirkstoffe, allen voran Koffein und Chlorogensäure. Das gilt nicht nur für Kinder, denen der bittere Sud ohnehin nicht schmeckt. Manche Erwachsene sind genetisch nicht für den Kaffeegenuss ausgerüstet. Meistens ist es aber eine Mengenfrage, ob Kaffee Herzrasen oder Magenschmerzen auslöst.

Beliebter Muntermacher

Jede Menge Studien über Kaffee und Gesundheit

Wissenschaftler der Universität von Edinburgh veröffentlichten im Dezember 2017 im „British Medical Journal“ die Ergebnisse aus 201 Überblicksstudien zu Kaffee und Gesundheit. Insgesamt fanden sie 19 positive Effekte auf die Gesundheit. Demgegenüber standen nur sechs negative Effekte. In der Studie heißt es: „Röstkaffee ist ein komplexes Gemisch aus über 1.000 bioaktiven Verbindungen mit potenziell therapeutischen, antioxidativen, entzündungshemmenden und krebshemmenden Wirkungen.“

Kaffee weckt die Lebensgeister

Kaffee ist ein Wachmacher für Körper und Geist. Denn: Zum einen verengt Koffein die Gefäße, das Herz muss das Blut mit mehr Druck pumpen, das Gehirn und der Rest des Körpers werden optimal mit Blut versorgt. Zum anderen blockiert Koffein den Botenstoff Adenosin im Gehirn, der schläfrig macht.

Der Neurowissenschaftler Steven Miller aus Maryland meint allerdings, dass bei Kaffee zur falschen Zeit der Wachmacher-Effekt auf der Strecke bleibt. Wenn etwa morgens zwischen acht und neun Uhr der Cortisol-Spiegel im Körper und damit das natürliche Aufmerksamkeitslevel am höchsten ist, kann Koffein wenig ausrichten. Ähnlich ist es zwischen 12 und 13 sowie 1730. Und 18.30 Uhr, sagt Miller. Der ideale Zeitpunkt für eine aufputschende Tasse Kaffee sei daher am Vormittag sei zwischen 9.30 und 11.30 Uhr.

 

 

 

Auf die Menge kommt es an

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit gibt an, dass 400 Milligramm Koffein am Tag völlig unbedenklich sind, wenn es um unsere Gesundheit geht. Eine Tasse mit 100 Milliliter Kaffee enthält zwischen 50 bis 60 Milligramm.

Positive Kaffee-Effekte sind am höchsten bei drei bis vier Tassen. Größere Mengen schaden den wenigsten Menschen, sie bringen aber auch keinen weiteren Nutzen.

Selbst koffeinfreier Kaffee entwickelt positive Wirkung, wenn auch deutlich schwächer. Das liegt an den im Kaffee enthaltenen Antioxidantien, allen voran die Chlorogensäuren. Sie tragen zum Geschmack bei, sind aber auch äußerst wirksam gegen freie Radikale.

Keine Gefahr für gesunde Herzen, aber Vorsicht bei Vorerkrankungen

Studien legen nahe, dass das Herzrisiko durch Kaffee viel geringer ist, als es dem Kaffeebohnen-Aufguss lange Zeit zugeschrieben wurde. Auf den Blutdruck scheint der Kaffeekonsum kaum Einfluss zu haben. Allerdings sind die Ergebnisse der einzelnen Studien nicht einheitlich.

Ein im Januar 2019 veröffentlichter Überblicksartikel von US-Forschern im „Journal of the American Heart Association“ kam ganz allgemein zu dem Schluss, dass Kaffee das Risiko für Herzleiden nicht erhöht.

 

Sechs Tassen sind zu viel, zwei sind zu wenig

Australische Forscher untersuchten 2019 die Daten von rund 350.000 Personen im Alter von 37 bis 73 Jahren und fanden heraus, dass zu viel Koffein sehr wohl zum Herzrisiko wird. „Sechs Tassen sind der Wendepunkt, an dem sich Kaffee negativ auf das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung auswirkt“, schreiben die Autoren im „American Journal of Clinical Nutrition“.

Zu einem ähnlichen Ergebnis war zuvor bereits eine in Harvard durchgeführte Metastudie mit insgesamt knapp 1,3 Millionen Teilnehmern gekommen: Menschen, die zwischen drei und vier Tassen Kaffee pro Tag tranken, hatten das geringste Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden. Wer täglich fünf und mehr Tassen Kaffee konsumierte, hatte ein erhöhtes Risiko. Doch das mit Abstand größte Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden, hatten Personen, die überhaupt keinen Kaffee tranken.

Da Koffein den Herzschlag beschleunigt, wurde Menschen mit Herzproblemen früher ganz von Kaffee abgeraten. Eine Vergleichsstudie hat vor Kurzem gezeigt: Selbst wer unter Herzrhythmusstörungen leidet, verschlimmert seinen Zustand durch mäßigen Kaffeekonsum nicht.

Gefährlich kann Koffein allerdings für Menschen mit Herzproblemen werden, die genetisch bedingt Koffein schlechter verstoffwechseln können.

 

 

Kaffee schützt Leber, Gebärmutter und den Darm vor Krebs

Nach Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO gibt es verlässliche Belege für einen Schutzeffekt gegen Krebs von Leber und Gebärmutter. Für andere Krebsarten lässt sich zumindest ein von Kaffee ausgehendes Risiko nicht erkennen. Insgesamt ist die Studienlage laut IARC aber noch unklar und widersprüchlich.

Wissenschaftler aus den USA und Israel berichteten kürzlich, dass Kaffeetrinken das Darmkrebs-Risiko verringere. Das Getränk enthalte Inhaltsstoffe wie Antioxidantien, die zur Gesundheit des Darms beitragen, erläuterten sie.

Kaffee bietet einen Schutz vor Parkinson und Alzheimer

Schon 2013 analysierte eine im Fachmagazin „Geriatrics and Gerontology erschienene Metastudie 13 Studien mit insgesamt 901.000 Menschen, in denen der Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Parkinson-Risiko untersucht wurde. Dabei zeigte sich, dass Menschen, die täglich durchschnittlich drei Tassen Kaffee trinken, das geringste Risiko haben, an Parkinson zu erkranken.

Und bereits vor zehn Jahren zeigte eine kleinere finnische Metastudie aus dem Jahr 2010, dass ein täglicher Konsum zwischen drei und fünf Tassen Kaffee, das Risiko, im hohen Alter an Alzheimer zu erkranken, um 65% reduziert.

Wissenschaftler des Krembil Research Institute in Toronto stellten 2018 fest, dass durch Kaffeekonsum die Wahrscheinlichkeit gesenkt werden kann, ein degeneratives Gehirnleiden zu entwickeln. Für den Schutz seien spezielle Verbindungen verantwortlich, die während des Röstens in der Kaffeebohne entstehen. Da besonders eine lange Röstzeit die sogenannten Phenylindane entstehen lässt, haben dunkel geröstete, kräftige Kaffeesorten den größten positiven Effekt auf das Gehirn.

Kaffee wirkt präventiv gegen Diabetes Typ 2

In einer aktuellen Studie untersuchten Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Kaffee und der Konzentration 14 verschiedener Biomarker, die bei Stoffwechsel- und Entzündungsvorgängen eine Rolle spielen. Datenbasis waren zwei Studien mit insgesamt mehr als 22.000 Teilnehmern. Kaffeetrinker, die mindestens 4 Tassen am Tag tranken, zeigten eine geringere Konzentration an C-reaktivem Protein, einem wichtigen Entzündungsmarker. Dagegen hatten sie einen höheren Spiegel an Adiponektin, einem Gewebshormon, das die Wirkung des Insulins an den Fettzellen moduliert. Ist der Adiponektinspiegel niedrig, steigt das Risiko für Diabetes.

Kaffee macht nicht süchtig, Entzugssymptome gibt es trotzdem

Wer jeden Tag viel Kaffee trinkt, verträgt irgendwann mehr davon als jemand, der nur einmal in der Woche eine Tasse trinkt. Dessen Herz wird auch nach einem dreifachen Espresso nicht viel schneller schlagen und Kaffee wird ihn nicht am Einschlafen hindern.

So geht es etwa der Münchner Lebensmittelchemikerin Sara Marquart, die über Kaffee-Röstung promoviert hat. Sie hat in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ einen täglichen Konsum von zehn Tassen eingeräumt. Der Kaffee habe hat bei ihr aber kaum mehr physiologische Wirkung wegen des Gewöhnungseffekts.

„Kaffee ist eine psychoaktive Substanz, macht aber nicht süchtig. Wir sind eher nach dem Ritual süchtig“, sagt die Kaffee-Expertin. „Wir“ das sind die starken Kaffeetrinker, die für die 31-Jährige bei mindestens vier Tassen täglich beginnen.

Wird den „Vieltrinkern“ der Kaffee plötzlich verweigert, können sich durchaus Entzugssysmptome entwickeln, vor allem Kopfschmerzen. Sara Marquart erklärt das so: „Adenosin-Rezeptoren im Gehirn nehmen bei Kaffeekonsum Koffein auf. Fällt das Koffein weg, kommt wieder Adenosin zum Zug und dadurch entstehen Kopfschmerzen.“

Kaffee-Verbot – nicht für Herzpatienten, aber für Schwangere

Nicht jeder Erwachsene verträgt Kaffee beziehungsweise seine Inhaltsstoffe. Wer davon Magenschmerzen, Durchfall oder Herzrasen bekommt, wird schnell freiwillig darauf verzichten.

Verzichten sollten aber auch Kaffeeliebhaberinnen, wenn sie schwanger sind. Mehr als eine Tasse sollte es dem Kind zuliebe nicht sein. Denn das Koffein erreicht über die Plazenta den Fötus, der diese Substanz kaum abbauen kann. Koffein hemmt das Wachstum und führt zu einem geringen Geburtsgewicht.

Für stillende Mütter sind dann wieder zwei Tassen okay. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam in einem 2015 veröffentlichten Gutachten zu dem Schluss, dass bis zu 200 mg Koffein am Tag während der Stillzeit unbedenklich seien. Mit dieser in zwei Tassen Kaffee zu je 150 Milliliter enthaltenen Menge  käme ein Säugling und seine noch wenig belastbare Leber zurecht.

 

 

 

 

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Miro

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