Größte Insektenstudie Nordamerikas – Ein Drittel der Schmetterlinge ist verschwunden
In den vergangenen 21 Jahren ist die Zahl der Schmetterlinge in Ohio dramatisch zurückgegangen, berichten Forscher. Sie werten das Ergebnis als erneuten Beleg für das weltweite Insektensterben.
Die Zahl der Insekten weltweit schwindet. Darauf deuten verschiedene Studien hin. Besonders großes Aufsehen erregte vor zwei Jahren eine Untersuchung des Entomologischen Vereins Krefeld, nach der die Zahl der Insekten in Schutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg in den vergangenen 27 Jahren um mehr als 75 Prozent zurückgegangen ist.
Ein schockierendes Ergebnis. Allerdings gilt es nur für die untersuchte Region und die Studie hat einige Schwächen. Sie steht exemplarisch für ein grundlegendes Problem, das es Forschern schwer macht, das Ausmaß des Insektenschwundes genau zu quantifizieren:
- Es gibt überhaupt nur wenige Daten über die Zahl der Insekten in verschiedenen Regionen,
- oft liefern sie nur Informationen über einen kurzen Zeitraum und lassen daher keine Aussagen über einen generellen Trend zu.
Die Daten aus Krefeld bilden da bereits eine vergleichsweise gute Basis. Angelehnt an das Projekt, haben Forscher nun versucht, den Insektenschwund in den USA am Beispiel von Schmetterlingen zu veranschaulichen. Es handelt sich um die größte systematische Untersuchung dieser Art in Nordamerika.
Die Grundlage bildeten Informationen zur Zahl verschiedener Schmetterlingsarten, die Freiwillige in Ohio zwischen 1996 und 2016 an 104 Orten gesammelt hatten.
In den vergangenen 21 Jahren ist die Zahl der Schmetterlinge in der Region demnach jedes Jahr um zwei Prozent gesunken – insgesamt ging sie um 33 Prozent zurück, schreiben die Forscher um Tyson Wepprich von der Oregon State University im Fachmagazin “Plos One”. Der Schmetterlingsschwund in Ohio sei damit größer als der weltweit geschätzte Wert von 35 Prozent in 40 Jahren.
32 von 81 Populationen schwinden
Allerdings unterschied sich die Entwicklung verschiedener Arten deutlich. Insgesamt bezogen die Forscher 81 Spezies in die Untersuchung ein: Bei 40, also ungefähr der Hälfte, konnten sie keinen Trend feststellen – die Population nahm weder ab noch zu. Die übrigen Arten verloren dagegen fast alle eine deutliche Anzahl Vertreter.

Besonders betroffen vom Schwund sind Schmetterlingsarten, die das ganze Jahr über an einem Ort bleiben, wie etwa Östliche Tigerschwalbenschwänze (siehe Fotostrecke). Unter den 14 wandernden Arten, die untersucht wurden, ging nur die Zahl der Monarchfalter zurück, die restlichen Bestände blieben stabil.
“Die Spezies, die aus nördlicheren Regionen stammen, haben die stärksten Verluste”, sagt Wepprich mit Blick auf standorttreue Schmetterlinge. Der Forscher erklärt sich den Schwund damit, dass die Tiere eher kühle Temperaturen gewohnt sind. Steige die Temperatur in ihrem Lebensraum, hätten sie es schwerer als Arten, die hin und wieder den Ort wechseln.
Besondere Sorgen bereitet dem Forscher aber, dass auch die Zahl der Schmetterlinge aus invasiven und eigentlich weit verbreiteten Arten zurückgeht. “Das zeigt, dass es starke Umwelteinflüsse gibt, die sogar Spezies beeinträchtigen, von denen wir dachten, dass sie gut in einer vom Menschen dominierten Umwelt klarkommen”, sagt Wepprich.
Die stark verbreiteten Spezies seien besonders wichtig, um Pflanzen zu bestäuben und dienten Vögeln als Futter. Zwar stünden sie bislang nicht vor dem Aussterben, der anhaltende Schwund könne sich aber negativ auf das gesamte Ökosystem auswirken.
Schmetterlinge dienten als wichtige Indikatoren, um feststellen, wie groß die Biodiversität in einem Ökosystem sei, so der Forscher weiter. Sie reagierten ähnlich auf Veränderungen der Umwelt wie viele andere Insekten. Somit sei die Studie ein weiterer Beleg für den Insektenschwund.
Warum die Zahl der Infekten sinkt, ist umstritten. Im Schnitt gehen Forscher auf Basis verschiedener Studien zu unterschiedlichen Arten von einem Rückgang um 45 Prozent in 40 Jahren aus. Häufig wird die Landwirtschaft als Ursache genannt. Große Felder mit Monokulturen erschwerten es Insekten, vielfältige Nahrung zu finden, warnen Forscher. Aber auch wachsende Städte und Klimaveränderungen können den Lebensraum einiger Arten einschränken.
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