EU-Kommission rügt deutsche Klimapolitik

EU-Kommission rügt deutsche Klimapolitik

 

 

 

 

Die Bundesregierung hat im Klimaschutz viel versprochen, um die europäischen Ziele umzusetzen. Die EU-Kommission hat sich den aktuellen Stand angesehen – und ist ernüchtert.

Eine Gewitter zieht über einen Windpark im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree

Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

 

 

 

 

 

Eine Gewitter zieht über einen Windpark im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree

Es war ein diplomatischer Kunstkniff: Um die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen, gibt es keinen Zwang für die Vertragspartner. Die Erderwärmung auf maximal zwei, besser anderthalb Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken – das soll nur mit freiwilligen Maßnahmen, nicht aber verbindlichen Vorgaben erreicht werden. Jeder Vertragspartner – für die EU-Mitgliedstaaten spricht in diesem Fall die Kommission in Brüssel – teilt allen anderen öffentlich mit, was man zu tun gedenkt.

 

 

 

 

 

Dabei gibt es allerdings zwei Probleme: Die freiwilligen Maßnahmen reichen bisher nicht ansatzweise aus, um die Paris-Ziele zu erreichen. Dazu kommt, dass unklar ist, ob alle Partner ihre Versprechen auch tatsächlich einhalten.

Die EU-Kommission hat sich nun angesehen, wie es um die bisherigen Anstrengungen ihrer Mitgliedstaaten beim Klimaschutz steht – um besser beurteilen zu können, ob die selbstgesteckten Ziele zu erreichen sind. Das Urteil fiel dabei ernüchternd aus: Deutschland muss aus Sicht der Brüsseler Behörde beim Klimaschutz nachlegen, um die aktuellen Ziele für 2030 zu schaffen. Die bisherigen Pläne für Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft reichten nicht, um die deutschen Zusagen in der Europäischen Union zu erfüllen, erklärte die Brüsseler Behörde.

“Die Lücken sind nicht unüberbrückbar”

Auch andere EU-Staaten sollen mehr tun, damit das EU-Gesamtziel für 2030 erreicht wird. Beim Ausbau von Ökoenergie und beim Energiesparen klaffen Lücken. Mit entsprechenden Nachbesserungen der Klimapläne lasse sich das aber beheben, sagte EU-Kommissionsvizechef Maros Sefcovic. “Die Lücken sind nicht unüberbrückbar.”

Die EU hatte versprochen, ihren Ausstoß an klimawirksamen Gasen bis 2030 um mindestens 40 Prozent unter den Wert von 1990 zu drücken. Für die Industrie und den Energiesektor soll das mit dem existierenden EU-Emissionshandel gelingen.

 

 

Für andere Sektoren wurden die Lasten in der EU verteilt. Hier soll Deutschland eine Minderung um 38 Prozent im Vergleich zu 2005 bringen. Wenn sich das im eigenen Land nicht umsetzen ließe, wäre die Regierung gezwungen, für Milliarden von Euro Verschmutzungsrechte bei anderen Staaten zu kaufen, vermutlich vor allem in Osteuropa. Das ist übrigens auch der politische Hintergrund der Debatte um die Einführung einer CO2-Steuer in Deutschland – durch die von ihr bewirkten Emissionsreduktionen ließen sich Zahlungen an andere Staaten womöglich verhindern.

Die Bundesregierung hatte – wie alle anderen EU-Regierungen – einen vorläufigen Umsetzungsplan für die Jahre 2021 bis 2030 vorgelegt, den die Kommission prüfte. Das Ergebnis: Die Experten bemängelten nicht nur zu schwache Pläne für Verkehr, Agrarwirtschaft und Gebäude, also Heizen und Kühlen. Sie kritisierten auch, dass die Angaben zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zum Energiesparen nicht konkret genug seien. Auf der Basis lasse sich der Plan nicht bewerten, hieß es.

Die EU-Länder haben bis Jahresende Zeit, die Entwürfe nachzubessern. Die Bundesregierung hat sich die Aufgabe bereits vorgenommen: Das Klimakabinett in Berlin soll im September über konkrete Maßnahmen entscheiden, wie die Ziele für 2030 erreicht werden können. Umweltschützern geht das nicht schnell genug: “Die offizielle Bewertung des Entwurfs des deutschen Energie- und Klimaplans durch die Europäische Kommission spricht eine deutliche Sprache”, kritisiert etwa Hermann Ott vom Deutschen Naturschutzring. Das Klimakabinett müsse noch diesen Sommer verbindliche Maßnahmen vorschlagen, um die Klimaziele für 2030 sicher zu erreichen. “Mitsamt Klimaschutzgesetz und gesetzlich geregeltem Kohleausstieg.”

 

 

 

 

Uno-Chef will weitergehende Zusagen

Während die EU sich noch mit der Umsetzung ihrer bisherigen Zusagen müht, dringt Uno-Generalsekretär Antonio Guterres bereits auf weitergehende Verpflichtungen für 2030. Eine Zusage der EU, ihr Ziel im Rahmen des Pariser Abkommens zu erhöhen und dabei eine Senkung der Treibhausgase um 55 Prozent anzustreben, wäre eine “kraftvolle Botschaft”, heißt es in einem Schreiben des Uno-Generalsekretärs an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Auch die Ankündigung einer klimaneutralen Wirtschaft in der EU bis 2050 würde er begrüßen, erklärte Guterres.

Deutschland hofft, dass sich der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag klar zu dem Zieldatum 2050 bekennt, zu dem die Wirtschaft unter dem Strich ohne den Ausstoß von Treibhausgasen auskommt. “Daran arbeiten wir”, sagte Europa-Staatsminister Michael Roth in Luxemburg. “Die Treibhausgasneutralität bis 2050 ist für uns ein herausragendes Ziel.”

Klimaneutralität bedeutet, dass die allermeisten Treibhausgase eingespart und der Rest ausgeglichen werden muss, etwa durch Aufforstung, CO2-Speicherung oder die energieintensive Entfernung des Klimagases aus der Luft.

Frankreich und andere Länder hatten eine Initiative gestartet, die Klimaneutralität im Jahr 2050 für die EU festzuschreiben. Deutschland zögerte zunächst, schloss sich dann aber an. Inzwischen sind nach einer Aufstellung des Umweltverbands Greenpeace 20 der 28 EU-Staaten bereit, die Festlegung zu unterstützen. Einige östliche EU-Länder wehren sich jedoch dagegen.

 

 

 

 

 

EU-Klimakommissar Miguel Arias Canete drängte die Gipfelteilnehmer zum Handeln. Jetzt sei die Chance da, ein starkes Signal zu setzen. Nach Ansicht von Experten hätte allerdings ein neues Klimaziel für 2050 bereits Implikationen für das Ziel im Jahr 2030. “Die EU-Kommission hat diesen Aspekt in ihrem Vorschlag absichtlich nicht thematisiert, aber es ist unrealistisch, von 40 Prozent in 2030 auf 100 Prozent in 2050 zu kommen”, sagt etwa Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

 

 

 

 

 

 

 

 

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Miro

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