Es mag im Zeitalter der positiven Lebenseinstellung überraschen: die unangenehmen, dunklen Emotionen haben ihren Platz und ihre Aufgabe. Sie können uns sogar helfen, die alten Begrenzungen zu überwinden.
Jeder will glücklich sein und die meisten wollen die Welt in Frieden und Harmonie wissen. Wir tun uns schwer mit den negativen Gefühlen, der Angst, der Traurigkeit, Wut, Enttäuschung, den Schuldgefühlen und den Emotionen, die uns abtrennen von uns selbst und dem Leben, dem Einssein, wenn wir uns klein, schwach, angegriffen und minderwertig fühlen.
Wir können eine positive Lebenseinstellung und Balance unseres Lebens allerdings nur mit Ehrlichkeit und Ganzheit erreichen, dazu gehören das Wahrnehmen der Höhen und Tiefen. Das heißt, weder ins Drama zu gehen, noch versuchen, den Schmerz zu ignorieren. Es bedeutet vielmehr das Unangenehme wahrnehmen zu können, aber sich nicht zu identifizieren, es soll sich schließlich wieder wandeln, heilen dürfen. Alles will in Harmonie kommen. Stellt man sich einen Fluss vor, in dem viel Unrat schwimmt, ist der Fluss nicht die Verunreinigungen.
Diese verschwinden auch nur, wenn man sich ihnen annimmt. Vielleicht waren es einst nützliche Konstrukte wie Brücken oder dergleichen, aber jetzt verengen und blockieren die alten Reste den Fluss. Im Drama stehe ich am Ufer und jammere, ohne die Blockaden finden und lösen zu wollen.
Es könnte einfach sein. Annehmen, fühlen, loslassen, neu auffüllen. Aber wir sind es noch nicht gewöhnt, alles zu nehmen, sehen, lösen, lieben zu wollen wie es ist. Der Schatten wird oft ausgeblendet, wir sind dabei vehement gegen etwas oder ganz erpicht, das Schöne, Lichtvolle anzupreisen und das Schmerzhafte dennoch zu ignorieren. Unsere Vorfahren verehrten noch das Weibliche in allen vielschichtigen, auch dunklen Facetten.
Wir sind es (noch) nicht gewöhnt, stets authentisch mit unserer Weisheit und Intuition verbunden zu sein. Der künstliche, oberflächliche, temporeiche Zeitgeist, der die alten Überlebensängste füttert, nur die Leistungsfähigen, Jungen, Fitten kämen weiter, tut sein Übriges. Das Leben soll eine Party sein und wir sind häufig so abgelenkt, überreizt und betäubt, dass wir zusätzlich kaum ins Fühlen kommen.
Uns schwant allerdings, dass eine aufgesetzte Fröhlichkeit keine Erfüllung bringt. Besonders wir Frauen kennen die negativen Gefühle, die sich besonders zum Ende eines Zyklus in uns anstauen, so dass wir sie nur schwer übergehen können. Wir spüren, wenn etwas aus der Harmonie oder ins Stocken geraten und losgelassen werden muss. Dazu müssen wir es zunächst fühlen, annehmen, wahrnehmen. Wir müssen immer wieder loslassen und hoffen, dass etwas Neues reift.
Es ist der Kreislauf des Lebens, den wir immer wieder durchschreiten. Auch mit unserer Menstruation durchlaufen wir eine Phase, die uns unangenehme Gefühle beschert. Wir sind in dieser Zeit besonders sensibel und mit unserer Intuition verbunden. Was will losgelassen und harmonischer, lebendiger, neu werden, diese Frage drängt uns sich auf. In jeder Krise zeigen sich die negativen Emotionen. Nicht um uns zu quälen, sondern weil sie jetzt der Aufmerksamkeit bedürfen, um in die Harmonie gehen zu können. Am Ende einer jeden Transformation gestaltet sich das Leben noch praller, lebendiger und freier, weil man über sich hinausgewachsen ist und den kleinen, zu eng gewordenen Kokon gesprengt hat.
Aber was hielt uns in dieser zu engen Haut? Das zeigen uns die negativen Gefühle. Es tut weh, wenn wir von anderen das Gefühl bekommen, wir seien nichts wert, nicht gut genug, aber es ist unsere schmerzende Begrenzung, die Illusion, die uns schier den Atem und die Stabilität rauben, wenn andere daran rütteln und ziehen.
Wenn wir unsere Gefühle verändern können – und das können wir – verändern wir alles und sind frei. Wir sind dann mehr wir selbst geworden, strahlender, stärker und authentischer!
Es hilft uns, ehrlich zu sein, sich nicht hinter einem aufgesetzten Lächeln zu verstecken. Es ist sehr befreiend, wenn das Umfeld weiß, wie es dir wirklich geht und was du brauchst. Wir denken oft, wir müssten alles allein schaffen. Das ist ein negatives Glaubensmuster, das die meisten starken Frauen kennen. Es lässt uns allein und erschöpft zurück, dabei lässt sich diese Illusion durch Ehrlichkeit und Akzeptanz der negativen Emotionen auflösen. Wir können einander zeigen, dass wir hin und wieder überfordert sind und unser Selbstwertgefühl im Keller ist. Auch das ist Mut und Stärke!
Verschwende nicht deine Energie, indem du anderen etwas vormachst. Du bist hier, du bist lebendig, werde präsent und sorge für deine Balance. Erkenne, kläre und lass los, was dir nicht guttut, dich von dir selbst entfernt.
Nicht umsonst war das Symbol der weisen Frauen, der Besen, der das Alte hinausfegt. In anderen Kulturen erinnerte ein Dolch oder Schwert an die Wehrhaftigkeit und an die Fähigkeiten der Frau, das Alte, Schadhafte abzutrennen und Abhängigkeiten zu lösen.
Die Wilde in uns mit ihren weisen, intuitiven, mutigen und lebenslustigen Archetypen, ihren inneren Frauenanteilen spürt, wenn etwas aus der Balance geraten ist. Sie kennt die Enttäuschungen, die Illusionen, die keine Liebe, sondern nur noch Abhängigkeiten und mehr Leid hervorbringen, da sie auch in die Schatten gehen und diese umarmen kann. Dann durchbricht sie aus dem Dunkel den Boden wie ein Keimling, stärker, wilder und schöner wie je zuvor!