Abgelegene Südseeinseln – Plastikmüll tötet mehr als eine halbe Million Einsiedlerkrebse
Durch Plastikmüll sind Hunderttausende Einsiedlerkrebse verendet. Sie kriechen in angeschwemmte Behälter und finden nicht mehr heraus. Das Massensterben wird durch einen fatalen Effekt begünstigt.

Henderson Island könnte ein Paradies sein. Die entlegene Insel im Südpazifik bietet einsame Strände und blaues Meer. Doch das unbewohnte Eiland, das zu den Pitcairninseln gehört, gelangte zu trauriger Berühmtheit: Henderson Island gilt als Ort mit einer der größten Plastikmüll-Dichte weltweit.
Forscher hatten 2017 in einer Studie Alarm geschlagen und tonnenweise Plastik gezählt, das an die Strände gespült wurde. Bis zu 670 Plastikteile lagen auf einem Quadratmeter Strand. Angeschwemmt hatte sie der Südpazifik-Wirbel, einer der großen Müllstrudel, der in den Weltmeeren treibt.
Müll vor Manila (Philippinen): Die Partikel werden teils an Küsten angespült, von Tieren verschluckt oder sinken in die Tiefe.
Welche Folgen die Plastikberge für die Tierwelt an Land haben, das zeigten die Forscher nun in einer weiteren Studie. Nach Schätzungen einer Untersuchung im “Journal of Hazardous Materials” sind auf Henderson Island sowie den Kokosinseln im Indischen Ozean, einem weiteren Hotspot für angeschwemmtes Plastik, mehr als eine halbe Million Einsiedlerkrebse durch den Müll umgekommen. Im Schnitt fanden Forscher ein bis zwei tote Tieren pro Quadratmeter Strand.
Die Spuren menschlicher Zivilisation auf der entlegenen Pazifikinsel sind nicht zu übersehen.
Bei der Begehung der Sandstrände vor Ort hatte das Team um Jennifer Lavers vom Institut für Meeres- und Antarktisforschung (Imas) der University of Tasmania zunächst entdeckt, dass sehr viele offene Plastikflaschen oder ähnliche Behälter am Strand lagen. Darin krochen Einsiedlerkrebse umher, auch einige tote Tiere lagen darin. Zusammen mit Kollegen vom Natural History Museum in London wollten die Forscher Genaueres herausfinden.
Abfälle an der Küste von Hongkong: Die Menge der auf der Wasseroberfläche treibenden Kunststoffabfälle ist offenbar geringer als vermutet. Die Forscher beziffern sie auf zwischen 7000 und 35.000 Tonnen.
Wie die Wissenschaftler berichten, gelang es den Tieren in vielen Fälle nicht mehr, aus den Plastikbehälter zu kriechen, wenn sie erst einmal hineingekrabbelt waren. Zeigte die Öffnung nach oben, konnten die Einsiedlerkrebse nicht mehr entkommen und verendeten. Das Problem wird noch verschärft, weil die Krebse durch den Verwesungsgeruch angelockt wurden. Denn nicht alle Tiere besitzen eine eigene Muschel. Deshalb reagieren sie auf den Geruch von toten Artgenossen. Er ist ein Signal dafür, dass eine Behausung frei geworden ist.
Krabben auf Henderson Island nutzen den Plastikmüll als Gehäuse.
In größeren Behältern kam es deshalb zu einem regelrechten Massensterben: Die Forscher entdeckten teils mehr als 500 Krebse pro Behälter. Das Problem ist sehr heimtückisch, weil ein einziges Tier ausreiche, um eine Kettenreaktion in Gang zu setzen, sagte Alex Bond vom Natural History Museum in einem Bericht im “Guardian”.
Meere als Müllkippe: Anders als dieses Foto suggeriert, schwimmen auf den Ozeanen vor allem kleinere Plastikteilchen. Die Sonneneinstrahlung spaltet große Abfallstücke in immer kleinere Teile auf.
Einsiedlerkrebse erfüllen eine wichtige Rolle im Ökosystem von tropischen Regionen. Sie transportieren mit ihren Muscheln Samen und tragen so zur Verbreitung von Pflanzen bei. Außerdem belüften und düngen sie den Boden.
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